18.02.2022

05 - Strafschadensersatz in den USA

Der Strafschadensersatz ist eine Besonderheit des amerikanischen Rechtssystems.

05 Strafschadensersatz in den USA v2

Der Strafschadensersatz ist eine Besonderheit des amerikanischen Rechtssystems. Immer wieder liest man von außerordentlich hohen Summen, die vornehmlich gegen größere Konzerne geurteilt werden. Ein bekannter Fall, der vor einigen Jahren durch die Presse ging, handelte von einer Frau die an dem Autoschalter eines Schnellrestaurants einen Pappbecher mit heißem Kaffee erhielt und diesen dann zwischen ihre Beine klemmte. Dem Druck hielt der Pappbecher nicht stand, so dass die Frau sich mit dem heißen Kaffee verbrühte. Daraufhin verklagte die Frau das Unternehmen und erhielt in der ersten Instanz 2,7 Millionen USD zugesprochen und das Unternehmen druckte daraufhin auf ihre Pappbecher den Warnhinweis, das der Kaffee heiß sei.

Im ersten Moment klingt dieses Urteil für einen Europäer eher schwer nachvollziehbar. Wenn man sich dann jedoch die Hintergründe anschaut stellt sich die Situation etwas anders dar. Tatsächlich hatte es ähnliche Vorfälle bereits in der Vergangenheit gegeben. Außerdem stellte sich im Laufe des Verfahrens heraus, dass das Unternehmen von den Angestellten forderte, dass der Kaffee ständig auf einer Temperatur von mindestens 90 °C gehalten werden sollte, um dem genormten Geschmack zu entsprechen.

Da das Unternehmen gegen das Urteil Einspruch erhoben hatte, kam es zu einer weiteren Verhandlung, bei der der Schadensersatz auf einige 100.000 USD reduziert wurde. Tatsächlich werden mit dem Strafschadensersatz folgende rechtspolitische Ziele verfolgt.

Zum Einen geht es um die Bestrafung:

Dabei soll zum einen rohes Verhalten des Täters mit den Mitteln der Ziviljustiz bestraft werden und zum anderen mögliche zusätzliche Racheakte des Opfers vermieden werden.

Da entsprechende Regelungen nicht in der Gesetzgebung enthalten sind soll das Urteil auch zur Abschreckung dienen:

Neben dem Täter soll das Urteil auch die Allgemeinheit oder besser potentielle Täter präventiv von künftigem sozial schädlichem Verhalten abschrecken.

Da ein derartiges Verfahren auch mit einem hohen persönlichen Risiko verbunden ist, spielt der Aspekt der Belohnung eine Rolle:

der Geschädigte soll für die auf seinem Einsatz beruhende Rechtsdurchsetzung – zur Stärkung der Rechtsordnung im Allgemeinen – belohnt werden;

Schließlich geht es auch noch darum dass das Opfer Vollen Schadensausgleich erhält:

das Opfer soll eine Ergänzung zu einer als unzureichend empfundenen Schadensbeseitigung erhalten, wobei sich unter anderem eine fehlende soziale Absicherung auswirken kann.

Der Strafschadensersatz kann dabei um ein vielfaches über dem tatsächlichen Schaden liegen, wie das folgende Beispiel aus dem Jahr 2020 zeigt: Ein Pfirsichbauer aus Missouri soll von Bayer und BASF insgesamt 265 Millionen Dollar bekommen. Dazu verurteilte ein amerikanisches Geschworenengericht die beiden Konzerne im Rechtsstreit um den Unkrautvernichter Dicamba. Die Summe unterteilt sich in 15 Millionen Dollar Schadensersatz, sowie zusätzlich 250 Millionen Dollar Strafschadensersatz.